Etymologie
Der Name „Falkenauge“ ist ein bildhafter, deskriptiver Handelsname, der sich aus dem deutschen Wort „Falke“ und dem Substantiv „Auge“ zusammensetzt. Die Bezeichnung bezieht sich auf das typische, silbrig-bläulich schimmernde Erscheinungsbild des Minerals, das in seiner Faserstruktur und dem seidigen Glanz an das Auge eines Greifvogels erinnert.[1] Der Begriff ist sprachlich verwandt mit ähnlichen Bezeichnungen wie „Tigerauge“ oder „Katzenauge“, bei denen ebenfalls optische Assoziationen zur Namensgebung führten.[1]
Mineralogisch handelt es sich beim Falkenauge um eine bläulich-graue Varietät des Quarzes, genauer gesagt um ein pseudomorphes Mineral, bei dem ursprünglich vorhandene Krokydolithfasern (blauer Asbest) durch Quarz ersetzt wurden, während die faserige Struktur erhalten blieb.[2] Die Bezeichnung „Falkenauge“ kam im späten 19. Jahrhundert im Zuge der zunehmenden Vermarktung von Schmuck- und Dekosteinen auf und wurde bald in der deutschsprachigen Edelstein- und Mineralienliteratur übernommen.[3] Eine systematische Aufnahme fand unter anderem in Max Bauers Werk „Edelsteinkunde“ (1896) statt, das zur Verbreitung und Standardisierung vieler mineralogischer Handelsbezeichnungen beitrug.[3] Auch im englischen Sprachraum ist der Begriff als „Hawk’s Eye“ geläufig und wird in Lehrbüchern und Handelsverzeichnissen des 20. Jahrhunderts verwendet.[3]
Entstehung & Vorkommen
Falkenauge ist eine feinfaserige, blau-grau bis stahlblaue Varietät von Quarz, die durch Pseudomorphose aus dem Amphibolmineral Krokydolith (einem eisenreichen Riebeckit) entsteht. Es handelt sich dabei um ein typisches Beispiel für eine sogenannte „seidenartige Quarzpseudomorphose“, bei der die ursprüngliche Faserstruktur des Ausgangsminerals erhalten bleibt, während dieses schrittweise durch kryptokristallinen bis mikrogranularen Quarz ersetzt wird[1].
Die Entstehung erfolgt während der Metamorphose von eisenreichen BIFs (banded iron formations) in Regionen mit mittlerer bis niedriger Metamorphose (Greenschist- bis untere Amphibolitfazies) unter Beteiligung silikatreicher Fluide. Dabei wird der ursprüngliche Krokydolith in situ in Quarz umgewandelt, wobei Eisen als Hämatit oder Goethit ausfällt und die feinfaserige Struktur bewahrt wird[2].
Falkenauge stellt die frühere Phase dieses Prozesses dar, bei der der Krokydolith noch teilweise erhalten ist. Bei weiterer Alteration wird das verbleibende Eisen oxidiert und es entsteht das braun-goldene Tigerauge. Die wichtigsten Lagerstätten befinden sich in Südafrika (Northern Cape), Westaustralien (Hamersley-Becken), Namibia, Indien und den USA[3].
Aussehen & Eigenschaften
Falkenauge ist opak bis durchscheinend, mit einem seidig-glänzenden Schimmer und einem typischen Chatoyance-Effekt („Katzenaugeneffekt“), der durch das gerichtete Reflexionsverhalten der feinen parallelen Fasern verursacht wird. Die Farbe variiert von graublau bis stahlblau, gelegentlich mit metallischem Schimmer. Die Mohshärte beträgt 6,5–7, die Dichte ca. 2,64 g/cm³. Der Bruch ist muschelig, Spaltbarkeit fehlt, der Strich ist weiß, der Glanz ist seidig bis glasartig.
Die Färbung ist auf eingebetteten Krokydolith-Reste oder durch eisenhaltige Phasen im Quarz zurückzuführen. Bei Spektroskopie zeigen sich Absorptionsbanden im Bereich um 400–500 nm, charakteristisch für Fe²⁺–Fe³⁺-Ladungstransfer[4]. Unter dem Polarisationsmikroskop bleibt die Textur anisotrop durch die faserige Orientierung, obwohl der Quarz selbst optisch einachsig ist. Raman-Spektroskopie zeigt typische Si–O-Streckschwingungen des Quarzes, während Reste von Amphibol durch schwache OH-Banden im Bereich von 3700 cm⁻¹ identifizierbar sind.
Formel |
SiO₂ |
Mineralklasse |
4 |
Kristallsystem |
trigonal |
Mohshärte |
6 - 7 |
Dichte |
2.65-2.73 |
Spaltbarkeit |
keine |
Bruch |
muschelig bis uneben |
Strichfarbe |
weiß |
Farbe/Glanz |
Fettglanz, Seidenglanz |
Manipulation & Imitation
Falkenauge wird selten künstlich behandelt, da die natürliche Farbintensität und Chatoyance hoch geschätzt werden. Es sind jedoch Fälle dokumentiert, bei denen durch Erhitzen (ca. 400–500 °C) eine künstliche Umwandlung in Tigerauge vorgenommen wurde, um rötlich-braune Töne zu erzeugen. Eine solche Hitzebehandlung führt zur Oxidation von verbleibendem Eisen und kann durch Farbgradienten und Inhomogenitäten nachgewiesen werden[5].
Imitationsmaterialien bestehen meist aus gefärbtem Glas oder Polymermischungen mit eingebetteten Fasern zur Imitation der Chatoyance. Echte Falkenaugen lassen sich anhand von Mikroskopie, Dichte, Härte sowie Raman- und FTIR-Spektroskopie von Imitationen unterscheiden.